Baum-Präsentation
heute: Die Linde
„Am Brunnen vor dem Tore / Da steht ein Lindenbaum:…“ Wer kennt nicht das von Franz Schubert vertonte Gedicht. Der Text stammt von Wilhelm Müller, der diesen in „Urania – Taschenbuch auf das Jahr 1823“ veröffentlichte.
Der Lindenbaum hat es zum Status eines wahren Kultbaums gebracht. Frei stehende Einzelexemplare erreichen oft ein hohes Alter. Anhand von historischen Quellen ist erforscht worden, dass so manche im Bereich von Siedlungen stehenden Linden ein Alter besitzen müssen, das im Bereich von 700 bis 1000 Jahren liegt. So stehen derartige Bäume auf einigen zentralen Dorfplätzen und markieren frühere Versammlungsplätze (Tanzlinde, Gerichtslinde). Auch in Volksliedern, siehe oben, wird der Baum besungen.
Nur die Eiche und die Eibe können es von allen Bäumen in Mitteleuropa, altersmäßig gesehen, mit der Linde aufnehmen.
Als Straßenbaum und als Bepflanzung im Bereich städtischer Bebauungen ist die dichtbelaubte Linde sehr robust und wie die Rosskastanie und die Platane zur Luftverbesserung und zur Beschattung gut geeignet.
Linden-Arten
Zu den in Mitteleuropa heimischen Linden-Arten gehören die Winter- und die Sommer-Linde, randlich das Gebiet erfassend auch die Silber-Linde. Dabei ist das natürliche Verbreitungsgebiet der Winter-Linde (Tilia cordata) insgesamt nördlicher angesiedelt als das der Sommer-Linde (Tilia platyphyllos). Bei der ersteren zieht es sich von den Britischen Inseln über Südskandinavien bis in den europäischen Teil Russlands im Ural-Gebiet. Nach Süden hin ist die Winter-Linde eher nach Westen orientiert, so bis nach Spanien. Die Sommer-Linde schließt im Großen dasselbe Areal ein, ist aber im Süden auch bis in die Türkei beheimatet. In Mitteleuropa ist die Winter-Linde dabei im Durchschnitt in den Mittelgebirgslagen häufiger anzutreffen als im Flachland. Die Krim-Linde ist ein Bastard, der durch sehr große Blätter auffällt, die auf der Oberseite glänzend dunkelgrün sind. Ihre Verwandtschafts-Herkunft ist vermutlich auch nach Kleinasien zurückzuverfolgen.
Alle Linden gehören der Gattung Tilia an, die wiederum zur Familie der Malvengewächse gestellt wird.
Darüber hinaus gibt es auch noch die Holländische Linde und die Breitblättrige Steinlinde. Letztere ist im mediterranen Raum beheimatet, wo sie von Portugal bis nach Westasien verbreitet ist und sogar in Nordafrika vorkommt. Das Holz der Breitblättrigen Stein-Linde ist übrigens schwerer als Wasser (1000 g/ dm3 = 1000 Gramm pro Kubikdezimeter), was bei nur sehr wenigen Hölzern zutrifft. Sie wächst meist nur in Form kleiner Sträucher; Bäume können maximal 10 m Höhe erreichen. Das schwerste Holz der einheimischen mitteleuropäischen Bäume besitzt übrigens die Hainbuche mit etwa 820 g/ dm3 (Lufttrockendichte). Die Eiche erreicht etwa 770 g/ dm3, die Linde luftgetrocknet etwa bis 600 g/ dm3. Das Lindenholz ist relativ weich und lässt sich gut schnitzen.
Die Holländische Linde ist ein fruchtbarer Bastard aus der Kreuzung von Winter- und Sommer-Linde.
Die Krim-Linde ist an den glänzend grünen Blatt-Oberseiten und den großen, rötlichbraunen Achselbärten auf den helleren Blatt-Unterseiten zu erkennen.
Frei stehende Linden entwickeln rundliche Kronen von größerer Breite als Höhe. Der zentrale Stamm ist auch ohne frühe Beschneidung selten hoch. Die von ihm abgehenden, stammnahen Äste sind dabei steil aufrecht gerichtet. In die Kronenaußenpartien gehende Äste sind oft waagerecht bzw. leicht abwärts orientiert. Bei Straßen- und Allee-Bäumen häufig anzutreffende Formschnitte sorgen für stufige Astverzweigungen an den äußeren Kronenbereichen.
Als dicht stehende Straßenbäume und als Baumbestand innerhalb von Wohnquartieren mit mehrgeschossigen Häusern sind Linden mit hochaufragenden Kronen von konischer Gestalt zu finden (Bild 1). Einzelbäume in Laubmischwäldern erreichen Höhen von 30 m. In Alleen dominieren eher kugeligere Baumgestalten. Freistehend sind die Kronen breit kegelförmig und nach unten hin weit ausladend.
Linden zur Blütezeit
Die Blütezeit der Linde umfasst in den Tieflagen den Juni, in den Mittelgebirgslagen reicht sie auch bis in den Juli (Bilder 2 bis 5).
Die Blüten sitzen in einer Anzahl von 4 bis 12 in hängenden oder allseits abstehenden Blütenständen. Jeder dieser traubigen bis rispigen Blütenstände besitzt ein großes Tragblatt bzw. Hochblatt, welches im Herbst nach der Samenreife als Flugblatt dient (Verbreitung über den Propeller-Effekt). Die Blütenknospen und entsprechend die Außenseiten der Kelchblätter sind grün. Die Innenseiten der fünf kürzeren Kelchblätter und beide Seiten der fünf längeren Kronblätter sind weißlich. Kelch- und Kronblätter laufen rundlich zu. Jede Blüte besitzt zahlreiche Staubblätter aus weißen Staubfäden und gelben Staubbeuteln (Bilder 3 bis 5). Der lange, zentrale Griffel besitzt zwei Narben.
Lindenblüten werden gerne von Bienen besucht. Der aus dem Blütennektar gewonnene Lindenblütenhonig ist ein beliebtes Produkt. Darüber hinaus werden Lindenblüten auch als Hausmittel zur Zubereitung von Tee gegen Atemwegsbeschwerden verwendet.
Zur Samenreife bilden sich bis zu 1 cm große Kapselfrüchte von kugeliger Gestalt. Sie werden vom Wind mittels eines Flügelblattes verbreitet. Schaut man genau hin, können 3-5 hervortretende Kanten an den Kapseln erkannt werden. Zudem sind ihre Oberflächen der Früchte behaart.
Linden sind aufgrund ihrer Widerstandsfähigkeit gegenüber Luftschadstoffen und extremer Witterungseinflüsse, speziell sommerlicher Hitzeperioden, für die städtische Begrünung von hoher Bedeutung. Ähnlich wie Rosskastanien und Platanen treten sie als Luftverbesserer und Schattenspender auf und sind in Form von Straßenrandbäumen sowie von Reihenbepflanzungen in bebautem Wohngebiet häufig anzutreffen (Bilder 1 und 6). Bei Linden-Bepflanzungen in Städten und bei Straßenbäumen, auch an Überlandstraßen, handelt es sich meist um Sommer- und Winterlinden.
Exotischere Linden, wie etwa die Silber-Linde, finden sich eher wegen ihrer dekorativen Wirkung als solitäre Floren-Elemente. Bei der Silber-Linde sind es einerseits die silbrigen Blatt-Unterseiten, die ansprechen, und andererseits das im Herbst goldgelb erscheinende Laub. Eine weitere, hier und da in städtischen Grünanlagen Mitteleuropas anzutreffende Linden-Art ist die Krim-Linde.
Die Winterknospen, die rundlich auffallend und rotbraun sind, werden an den Zweig-Enden der Linde bereits im September sichtbar (Bild 7).
Früchte
Laubblätter
Die Blätter der Linden sind breit und insgesamt rund und tragen eine sogenannte aufgesetzte Spitze. Die Basis ist asymmetrisch und schief herzförmig, die Blattränder sind nach vorn gesägt (Bilder 5 und 7).
Winter- und Sommer-Linde können anhand der Blätter unterschieden werden. Erkennungszeichen der Sommer-Linde sind dabei die größeren Blätter und weiße Haarbüschel auf den Blattunterseiten. Die Winter-Linde besitzt dagegen auf der Blattunterseite braune Achselbärte. Zudem sind die Blatt-Unterseiten der Winter-Linde eher blaugrün, die der Sommer-Linde hellgrün. Die Blatt-Unterseiten der Silber-Linde sind silbrig behaart, vom Blatt-Austrieb im Frühjahr bis in den Herbst hinein. Darüber hinaus zeigen die Blätter der Silber-Linde eine intensive goldgelbe Herbstfärbung. Die Silber-Linde hat ihr ursprüngliches Verbreitungsgebiet von Ungarn an über den Balkan bis in die Türkei und nach Südrussland.
Linden können ein sehr hohes Alter erreichen. 600 – 1000 jährige Dorf-Linden sind häufig. Oft auch als sogenannte Tanzlinden oder Gerichtslinden, die das Zentrum öffentlicher Versammlungsplätze markieren, haben sie oft bereits im Mittelalter ihr Dasein erlebt. Es wird angenommen, dass es Exemplare mit einem nicht mehr genau nachzuweisenden Alter von fast 2000 Jahren gibt. Manche Stammdurchmesser können an die 6 m betragen. Allerdings hat sich das Kernholz bereits zur Gänze zersetzt, wobei die stützende Funktion das äußere Splintholz übernommen hat. Oft vollzogene, kräftige Rückschnitte haben zudem den Neuausschlag von Ästen und den Nachwuchs von neuem äußeren Holz gefördert.
Das Holz der Linde ist sehr geschätzt, da es sehr hell und weich ist. Zum Beispiel wird es für Schnitzarbeiten oder in der Modelltischlerei verwendet. Aus der Rinde wurde früher der sehr zähe und feste Bast als Flecht- und Bindematerial gewonnen.
verfasst und mit Fotos versehen von
Detlef Kirstein, Projektleiter „Natur im Kosmosviertel“