Baum-Vorstellung

 

heute: Der Eschen-Ahorn

 

Der Eschen-Ahorn  (Acer negundo) ist mittlerweile ein im mitteleuropäischen Bereich recht häufig anzutreffender Ahorn. Er stammt ursprünglich wie der bei uns ebenfalls vorkommende Silber-Ahorn aus dem östlichen Nordamerika. Aber anders als der Silber-Ahorn (Acer saccharinum), der meist durch Anpflanzungen entlang von Straßen und in Parks und anderen Grünanlagen zu finden ist, besitzt der Eschen-Ahorn ein großes natürliches Ausbreitungspotenzial. Dies führt bei diesem dann häufig zu Wildwuchs.

Zum einen vermehrt sich der Eschen-Ahorn im mitteleuropäischen Raum genauso effektiv über die Samenkeimung wie beispielsweise der heimische Spitz-Ahorn. Zum anderen neigt der Eschen-Ahorn dazu, schnell offene Brachen zu besiedeln, z.B. alte Industriegelände oder stillgelegte Bahngelände. Durch den dann emporwachsenden Wildwuchs verbreitet er sich dann immer weiter in die Umgebung. Gegenüber der Bodenqualität ist der Eschen-Ahorn sehr anspruchslos. Er toleriert kalkigen Boden über Schutt und ehemaliger Bebauung, welche zurückgebaut wurde, wie auch sauren Boden an feuchten, sumpfigen Randbereichen zu Gewässern hin. Der Baum, der quasi aus Nordamerika nach Europa eingeschleppt wurde, hat sich hier zu einem richtigen Pioniergehölz entwickelt, d.h. dass er wie auch das heimische Spitz-Ahorn, aber auch wie die feuchten und sauren Boden tolerierende Birke, eine Erstbesiedelung bracher Flächen einleitet.

Hierbei kommt ihm auch die Eigenschaft, Stock-Ausschläge an den Stammbasen zu bilden, zugute. Die Hauptverbreitung ist aber die über die sehr gut und schnell keimenden Samen. Eine Verbreitung entlang der Wurzelstränge wie bei der ebenfalls invasiv auftretenden Robinie ist bei Eschen-Ahorn jedoch nicht gegeben. Jedoch sind an den noch übriggebliebenen Stümpfen gefällter Baumstämme, genauso wie im Randbereich des Holzes abgeschnittener Äste, eine sehr starke Regenerierung durch Spross-Ausschläge zu beobachten, die hier aus dem grünen Kambium gebildet werden (Bild 8). Ohne vollständige Entfernung von Stumpf und Wurzel ist die Pflanze nicht zu beseitigen.

Der Eschen-Ahorn ist wegen seiner hohen Verbreitungsrate in Form von Wildwuchs daher nicht gern bei den städtischen Grünflächenämtern und bei den Forsten gesehen. Stattlichere, gut in Form geschnittene und gepflegte Exemplare sind aber durchaus in einigen städtischen Grünanlagen zu sehen.

 

Bild 1: Ein an der Ortolfstraße, unweit der Einmündung zur Venusstraße stehendes Exemplar des Eschen-Ahorns. Es besteht die Möglichkeit, dass auch dieses sich aus einer wilden Aussaat entwickelte und in den gut gepflegten Grünstreifen integriert wurde. Der Eschen-Ahorn ist eher an den Randbereichen des Kosmosviertels hier und da zu finden. Die Neigung zur Mehrstämmigkeit ist auch an diesem Exemplar zu sehen.

 

Blüten erscheinen früh

 

Die Blüten des Eschen-Ahorns erscheinen etwa zeitgleich mit oder kurz nach denen des heimischen Spitz-Ahorns. Die hell gelb-grünen Rispen des Spitz-Ahorns, die noch vor dem Laub-Austrieb aus den Knospen brechen, bestehen jedoch mehrheitlich aus zwittrigen Einzelblüten. Dagegen sind die Blütengeschlechter beim Eschen-Ahorn auf getrennte Bäume verteilt. Es kann quasi von weiblichen und männlichen Bäumen gesprochen werden (Bild 4). Dafür hat der Botaniker den Begriff „zweihäusig“. Beim ebenfalls aus Nordamerika stammenden Silber-Ahorn sitzen die Blütengeschlechter ebenfalls getrennt voneinander, das heisst, sie sind nicht zwittrig wie bei den heimischen Arten (Spitz-, Berg- und Feld-Ahorn). Jedoch sind beim Silber-Ahorn meist beide Geschlechter auf einem Baum in unterschiedlichen Partien zu finden. Die Blüten der letzteren Ahorn-Arten sind also „einhäusig“ verteilt.

 

Weibliche Blütenstände

 

Die weiblichen Blüten des Eschen-Ahorns sitzen wie die männlichen in eigenen Blütenständen. Zudem sind die Blütengeschlechter, wie oben bereits erwähnt, auf verschiedene Bäume verteilt. Beim zweihäusigen Eschen-Ahorn gibt es sozusagen weibliche und männliche Bäume.

Der Blütenstand, der mit weiblichen Blüten besetzt ist, ist eine hängende Rispe (Bilder 2 und 3). Die an Stielen hängenden Blüten sind hüllenlos (ohne Kron- und Kelchblätter), besitzen zwei weißlich-grüne Narben, die zunächst spiralig gerollt sind und sich dann seitlich ausstrecken, um den männlichen Pollen effektiv aufzufangen. Die Fruchtknoten sind grünlich und bereits mit Flügelansätzen der später sich entwickelnden Flügelnuss versehen (Bilder 2 und 3). Diese können häufig rötlich-durchscheinend sein.

 

Bild 2: Der Blütenstand mit den weiblichen Blüten des Eschen-Ahorns ist eine etwa bis 5cm lange, herabhängende Rispe. Diese besteht aus hüllenlosen Einzelblüten, die hüllenlos sind, zwei federartig ausgebreitete, weißlichgrüne Narben und einen Fruchtknoten, der bereits die Anlage der rötlich-grünen Fruchtflügel erkennen lässt, besitzen.

 

Bild 3: Die weiblichen Blüten des Eschen-Ahorns sind durch zwei lange weiße Narben gelennzeichnet. Diese entfalten sich im Gegensatz zu den früher auftauchenden männliche Blüten erst mit dem Blatt-Austrieb.

 

 

Männliche Blütenstände

 

Die Blütenstände mit den männlichen Blüten sind bei ihrem Erscheinen, etwa ab der zweiten Märzhälfte, an den sonst vorher noch kahlen Winterästen sehr auffällig (Bild 4). Durch die zahlreich in Büscheln herabhängenden Staubblätter (Bild 5 bis 7) wirken die Äste wie mit Lametta behangen. Die rötliche Gesamtfarbe im Frühstadium kurz vor der Pollenfreigabe rührt durch die rotbraunen bis rotvioletten, noch geschlossenen Staubbeutel her (Bild 5).

 

Bild 4: Die Bäume des Eschen-Ahorns mit den männlichen Blüten sind im Frühjahr ab Ende März/Anfang April auffällig mit den wie Lametta wirkenden hägenden Büscheln aus Staubblättern gekennzeichnet. Diese sind oft rötlich gefärbt und erscheinen vor dem Laub-Austrieb. Hier an einem Baum mit starkem Trieb-Ausschlag in den Seddinbergen (Köpenick).

 

Die Staubbeutel, zunächst von rötlich-violetter Farbe, hängen an weißlichen, fein behaarten Fäden von bis zu 10 cm Länge (Bild 5).

 

Bild 5: Männliche Blütenstände mit an langen weißen, haarigen Fäden hängenden Staubbeuteln. Diese, hier noch rotviolett, sind in dieser Phase noch geschlossen. Die Laubblättchen zeigen gerade ihre ersten Spitzen. Hier an einem Exemplar bei der Ortschaft Müggelheim, Ende März 2020.

 

Neben der Bestäubung durch den Wind sind für die Pollenübertragung auch Insekten verantwortlich (Bild 6), für die der nektarreiche Pollen eine wichtige Nahrungsquelle im Frühjahr in der Zeit Ende März/ Anfang April darstellt. Nach dem Aufplatzen der rötlichen Staubbeutel und der Pollenfreigabe verschrumpeln die Hüllen der Staubblätter zu schwärzlichen Resten (Bilder 6 und 7).

 

Bild 6: Die getrennt auf verschiedenen Bäumen sitzenden Blüten des Eschen-Ahorns werden neben der Windbestäubung auch durch Insekten bestäubt. Hier nähert sich gerade eine Biene den aufplatzenden Staubbeuteln mit den süßlich-klebrigen Pollen. An einem Baum in der Ortschaft Müggelheim, Anfang April 2020, beobachtet.

 

Bild 7: Die an langen weißlichen Fäden hängenden Staubbeutel, die im geschlossenen Zustand vorher noch rotviolett waren, sind in dieser Phase schon weitgehend aufgeplatzt. Dabei haben sie ihren Pollen freigesetzt, der durch den Wind, aber auch durch Insekten auf die Narben der weiblichen Blüten anderer Bäume übertragen wurde. Hier an einem Baum am Waldrandbereich von Müggelheim (Köpenick), Anfang April 2022.

 

 

Attraktiv wirkendes Laub

 

Vom Eschen-Ahorn gibt es herausgezüchtete Sorten, die sehr attraktive Farbzeichnungen aufweisen. So etwa Sorten mit weiß-gelbgrün und grün gestreiften Laubblättern. Diese Sorten sind vor längerer Zeit gerne in Parks und auch privaten Gärten angepflanzt worden. Mit der Zeit haben solche Baum-Exemplare oft ihre durch Veredelung erzeugte Blattfärbung verloren, so dass normale Eschen-Ahorne mit ihrem Vermehrungspotenzial entstanden.

Das Laub des Eschen-Ahorns erscheint mit bzw. kurz nach der Bestäubung der weiblichen Blüten. Im Laufe des Monats April entwickeln sich aus 5 bis 7 Teilblättchen gefiederte Gesamtblätter. Die Teilblättchen sitzen an kurzen Stielen. Sie weisen eine lange Spitze auf und besitzen eine seitliche grobe Sägung, die jedoch auch etwas an weniger oder rudimentär ausgeprägte Lappen erinnert, die beim Laubblatt des Spitz-Ahorns, des Berg- Ahorns oder auch des Silber-Ahorns voll ausgeprägt sind. Die Endfieder des Eschen-Ahorn-Blattes ist durchaus oft dreilappig ausgebildet.

Laub wie Zweig-Abgänge sind wie bei allen Ahorn-Arten gegenständig, das heisst, zwei Fiederblättchen der Laubblätter, die seitlich ansitzen, stehen sich genau gegenüber, genauso zwei Zweig-Abgänge von einem Zentralast aus.

Die Zuwächse um beschnittene Ast-Bereiche kann enorm sein. Die Wuchsleistung der ausschlagenden Triebe übersteigt Längen von über 2 Metern im Jahr (Bild 8).

 

Bild 8: Die wie mit Reif überzogenen, blaugrün wirkenden Triebausschläge sind für den Eschen-Ahorn, besonders nach Beschnitt, sehr typisch. Hier schlagen sie aus dem Stamm eines Baum-Exemplars an der Ortolfstraße, April 2022. Die hier männlichen Blütenstände mit den rötlichen Fäden der Staubblätter sind hier zur Blütezeit gut sichtbar. Das neue Laub erscheint im Anschluss an die Blüte.

 

Früchte

 

Die Früchte sind Flügelnüsse, wobei wie bei anderen Ahornen, z.B. Spitz-, Feld- und Berg-Ahorn, sich zwei jeweils einseitig beflügelte Samen gegenüberstehen (Bild 10). Nach der Reife bis zum Herbst spalten diese sich in zwei rotierend (Propellerprinzip) durch die Luft wirbelnde Flugsamen. Der Winkelabstand der Flügel der beiden vorher noch zusammenhängenden Nüsse ist beim Eschen-Ahorn spitzwinkelig und deutlich kleiner als bei den heimischen Ahorn-Arten. Beim Feld-Ahorn stehen sich die Flügel fast mit einem Winkel von 180° gegenüber, beim Spitz-Ahorn ist der Winkel immerhin noch stumpf, also größer als 90°.

 

Bild 10: Reste der Flügelnüsse des Eschen-Ahorns in hängenden rispigen Fruchtständen, hier vom Vorjahr an einem Baum. Diese haben den Winter überdauert bis zum Laubaustrieb des neuen Laubes im Frühjahr. Hier an einem Baum bei Müggelheim in Köpenick, April 2020.

 

verfasst und mit Fotos versehen von

Detlef Kirstein, Projektleiter „Natur im Kosmosviertel“