Baum-Präsentation spezial:

 

Eine botanisch-dendrologische Rarität: Der Geweihbaum (Kentucky-Coffeetree)

 

 

Der Geweihbaum, der in der Reihe „Natur im Kosmosviertel“ bereits mit einem ausführlichen Beitrag bedacht wurde (siehe dort), soll hier noch einmal, mit einem jahreszeitlichen Bezug zur Hülsenfruchtentwicklung, präsentiert werden.

Dieser bei uns selten zu sehende Baum ist eher im Bestand botanischer Gärten und Anlagen zu finden. In öffentlichen, darunter städtischen Grünanlagen, ist diese Baumart aber normalerweise nicht zu erwarten. Andere, ebenfalls recht seltene, wenig bekannte Baumarten wie etwa die Blasen-Esche (Rispiger Blasenbaum), die Kaukasische Flügelnuss oder die Hickory-Nuss sind im Bestand so mancher prominenter und vorzeigenswerter Grünanlagen mit historischer Umbauung in den Berliner Stadtbezirken zu finden. Wieder andere wie der Japanische Schnurbaum, der Urweltmammutbaum, die Gleditschie, die Blumen-Esche, die Scharlach-Eiche und der Amberbaum sind in bestimmten Zeiträumen als in Mode gekommende Gehölz-Elemente in Grünanlagen, die der Erholung dienen, und an Straßenzügen verstärkt angepflanzt worden. Eine Zeit lang war dies auch beim Ginkgo-Baum festzustellen (folgend dem Engagement von Ben Wargin).

Seine Heimat hat der Geweihbaum im mittleren Westen der USA, welche sich angefangen von Kentucky westlich der Appalachen bis nordwestlich nach Nebraska und South Dakota und südlich nach Alabama erstreckt. Jedoch kommt er in diesem großen Areal verstreut in nur kleinen Gruppen vor. Es wurde aber auch festgestellt, dass die indianischen Ureinwohner diesen Baum bewusst angepflanzt hatten.

Der Geweihbaum (Kentucky-Coffeetree), der seinen Namen den an Hirschgeweihe erinnernden Verzweigungen seines Geästes verdankt, stellt eine wirkliche botanisch-dendrologische Rarität in städtischen Grünanlagen dar.

So ist das Auffinden dieses sehr seltenen Baumes im Einzug eines städtischen Wohnquartiers schon eine Besonderheit. Im Kosmosviertel stehen an der Schönefelder Chaussee, recht nah beieinander, insgesamt drei Exemplare des Geweihbaumes (Bild 1).

 

Das Bild zeigt zwei nah beieinander stehende kleine Exemplare des Kentucky-Geweihbaumes an der Schönefelder Chaussee im Kosmosviertel. Es handelt sich bei diesem zweihäusig auftretenden Baum um je ein Exemplar mit weiblichen und männlichen Blüten.

Bild 1: Zwei nah beieinander stehende kleine Exemplare des Kentucky-Geweihbaumes an der Schönefelder Chaussee im Kosmosviertel. Es handelt sich bei diesem zweihäusig auftretenden Baum um je ein Exemplar mit weiblichen Blüten (links) und männlichen Blüten (rechts).

 

Der Geweihbaum, auch als Kentucky-Coffeetree bekannt, hat fiederblättriges Laub wie die Gleditschie, die Robinie und der Japanische Schnurbaum (Bilder 2 und 6). Alle diese Baum-Arten gehören darüber hinaus zu den Hülsenfrüchtlern. Die ebenfalls fiederblättriges Laub zeigenden Bäume wie die Gewöhnliche Esche, die Blumen-Esche, der Walnussbaum, die Kaukasische Flügelnuss, der Götterbaum und der Essigbaum (Sumach) gehören anderen, eigenständigen Familien an. Die Eschen zeigen zudem gegenständig ansitzende Fiederblätter (gemeint: Gesamtblätter) und schwarzbraun-samtige Winterknospen, woran sie von den anderen, hier aufgezählten Baumarten unterschieden werden können. Die Einzelfiederblättchen beim Geweihbaum, von denen etwa 10 bis 14 doppelseitig ansitzen, zuzüglich eines Blättchens an der Spitze, sind größer als bei der Robinie. Auch die Abstände der einzelnen Fiederblättchen sind beim Geweihbaum im Schnitt größer als bei der Robinie.

Die Rinden noch junger Bäume des Geweihbaums zeigen ein rissiges Aussehen, wobei die äußeren Schichten, bedingt durch Algen- und Flechtenbewuchs, graugrün erscheinen. Die ebenfalls grau wirkenden Stämme der Robinie weisen als Unterscheidungsmerkmal schon bei jungen Exemplaren eine längsgeflochtene Furchung auf. Auch finden sich an den Zweigen des Geweihbaums keine Dornen, die an jungen Robinien so typisch sind.

 

Das Bild zeigt die Fiederblätter mit paarig angeordneten Fiederblättchen eines Kentucky-Geweihbaumes an der Schönefelder Chaussee.

Bild 2: Fiederblätter mit unpaarig angeordneten Fiederblättchen eines Kentucky-Geweihbaumes an der Schönefelder Chaussee. Die Einzelfiederblättchen, von denen etwa 10 bis 14 doppelseitig ansitzen, zuzüglich eines Blättchens an der Spitze, sind größer als bei der Robinie.

 

 

Blüten

 

Unterschiede in den Blütenformen bei den Hülsenfrüchtlern: abhängig von der Zugehörigkeit zu einer der beiden Unterfamilien

Die Hülsenfrüchtler, zu den der Geweihbaum gehört, werden in zwei Unterfamilien aufgeteilt, die komplett unterschiedliche Blütenformen aufweisen. Während die Robinie (Falsche Akazie) und der Japanische Schnurbaum zu den Schmetterlingsblütlern (wie übrigens auch die Klee- und Ginster-Arten) gehören, sind der Geweihbaum wie auch die Gleditschie Vertreter der Johannisbrotgewächse. Die Symmetrie der Blüten beim Geweihbaum wie auch bei der Gleditschie ist radialstrahlig, wobei beim Geweihbaum je fünf grünlich-weiße Kronblätter und fünf, um 36° versetzte, schmalere grünliche Kelchblätter ausgebildet sind (Bild 3a). Die Schmetterlingsblüten, z.B. die der Robinie oder des Japanischen Schnurbaums, besitzen vier Kronblätter, wobei insgesamt drei verschieden gestaltige Formen auftreten, die als Fahne, Flügel und Schiffchen bezeichnet werden (Bild 4). Eine zweiseitige Symmetrie (bei einer Symmetrieachse) teilt diese Blüten in eine linke und eine rechte Hälfte (die Flügel sind so in linker und rechter Anordnung zweifach vorhanden). Die Fahne ist ebenfalls zweiseitig symmetrisch in ihrer Form.

Die Blüten des Geweihbaums sind in ihren Geschlechtern auf verschiedenene Baum-Individuen verteilt. Dies nennt der Experte zweihäusig. Auch bei dem Ginkgobaum oder der Eibe ist dies beispielsweise der Fall. Die Blüten der Vertreter der Schmetterlingsblütengewächse sind dagegen in der Regel zwittrig, tragen also Narbe, Griffel und Fruchtknoten als weibliche Geschlechtsorgane und Staubblätter als männliche Geschlechtsorgane auf einer Blüte. Der Experte nennt dies einhäusig-zwittrig. Es gibt darüber hinaus, bei den Pflanzenarten ebenfalls sehr verbreitet, die einhäusig-getrenntgeschlechtige Blütenverteilung, so z.B. bei Erlen, Birken, der Hainbuche, aber auch bei den Eichen, der Rotbuche und bei vielen Nadelgehölzarten.

Der Geweihbaum blüht bei uns in der Regel in der zweiten Mai-Hälfte.

 

 

Blüten des Geweihbaums (Unterfamilie: Johannisbrotgewächse, Familie: Hülsenfrüchtler)

 

Die Blütezeit des Geweihbaums oder Kentucky-Coffeetrees ist gewöhnlich in der zweiten Mai-Hälfte. In manchen Jahren, aufgrund vorausgegangener kühler Wetterperioden, beginnen die Bäume spät zu blühen, wobei die Blüte dann auch mal bis in den Juni hinein reichen kann (Bild 3c).

 

Das Bild zeigt die Nah-Ansicht der Blütenrispe mit den staubblattbesetzten männlichen Blüten des Geweihbaums. Hier an dem männlichen Exemplar an der Schönefelder Chaussee im Kosmosviertel, Mai 2020.

Bild 3a: Nah-Ansicht der Blütenrispe mit den staubblattbesetzten männlichen Blüten des Geweihbaums. Fünf radialstrahlig ansitzende grünlich-weiße Kronblätter und fünf, um 36° versetzte schmalere Kelchblätter kennzeichnen die männlichen wie auch die weiblichen Blüten. Hier an dem männlichen Exemplar an der Schönefelder Chaussee im Kosmosviertel, Mai 2020.

 

Das Bild zeigt die weiblichen Blüten des Geweihbaums. Sie sitzen an eigenen Baum-Individuen, wo nur solche vorkommen. Der Geweihbaum ist zweihäusig. Hier die Blütentraube mit verblüten weiblichen Blüten an einem Exemplar des Geweihbaums an der Schönefelder Chaussee, Mitte Juni 2021. Die Fruchtknoten zeigen schon die ersten Formen der sich entwickelnden Hülsenfrüchte, hier noch grün.

Bild 3b: Die weiblichen Blüten sitzen an eigenen Baum-Individuen, wo nur solche vorkommen. Der Geweihbaum ist zweihäusig. Hier die Blütenrispe mit verblüten weiblichen Blüten an einem Exemplar des Geweihbaums an der Schönefelder Chaussee, Mitte Juni 2021. Die Fruchtknoten zeigen schon die ersten Formen der sich entwickelnden Hülsenfrüchte, hier noch grün. Der Griffel mit der ursprünglichen Narbe bleibt als hakenartig gebogene Spitze übrig.

 

Bild 3c: Gewöhnlich besitzen die weiblichen Blüten wie auch die männlichen Blüten Kron- und Kelchblätter, die in fünfzähliger Radialsymmetrie angeordnet sind, d.h., fünf breitere, grünlich-weiße, fein behaarte Kronblätter und fünf schmalere, ebenso lange Kelchblätter. Hier sind zwei geöffnete weibliche Blüten an einer Rispe an einem Baum in der Schönefelder Chaussee zu Juni-Beginn 2023 zu sehen.

 

 

Zum Vergleich: Blüten des Japan. Schnurbaums (Unterfamilie: Schmetterlingsblütengewächse,
Familie: Hülsenfrüchtler)

 

 

Bild 4: Die cremeweißen Schmetterlingsblüten des Japanischen Schnurbaums werden wie die Blüten der früher, im Juni blühenden Robinie gern von Bienen aufgesucht. Gelbe Innenzeichnungen auf den beiden Hälften der Fahne sind für die Blüten beider Baumarten ein zusätzliches Kennzeichen. Hier an einem Schnurbaum im Kosmosviertel, Anfang August 2022 aufgenommen. Auffallend sind die weit aus den Blüten ragenden Staubblätter.

 

 

Fruchtentwicklung am Geweihbaum, im Juli beobachtet

 

Zu dieser Jahreszeit des Hochsommers sind an den fruchttragenden Exemplaren des Baumes bereits die schon recht großen, noch unreifen Früchte zu erkennen, die bis zum Herbst die dunkelbraunen Hülsen ausbilden. Unter den an der Schönefelder Chaussee, etwa im Mittelabschnitt bezüglich zur Längserstreckung des Kosmosviertels stehenden Geweihbäumen ist ein „weibliches“ Exemplar vorhanden (Bild 5).

Die Früchte sind hängend in Rispen angeordnet (Bilder 6 bis 8). Das heißt, dass mehrere dieser Früchte in jedem Fruchtstand am Ende von Verzweigungen hängen. Die Hülsen sind bis 15 cm lang, zweiseitig abgeflacht und mit einer leicht hakenartigen, derben Spitze versehen (Bilder 6 und 7). Diese Spitze entwickelt sich etwa aus der Position des vorherigen Griffels und der Blütennarbe. Eine umlaufende Furche teilt die Fruchthülse in zwei Hälften. Entlang dieser Naht können sich die Hülsen später, nach der Reifung im Herbst, öffnen, um die Samen freizugeben. Die Samen sitzen in Kammern, umgeben von einem klebrigen Fleisch. Oft hängen die Hülsen bis über den Winter am Baum. Die Samen sind für Hülsenfrüchtler mit bis zu 2 cm im Durchmesser recht groß. Sie sind dunkelbraun und abgeflacht. Ihre Obefläche ist glatt. Im mittleren Westen der USA wurden diese Samen geröstet. Gemahlen wurden sie dann als Kaffee-Ersatz verwendet. Jedoch sind bei häufigem Genuss Vergiftungserscheinungen nicht ausgeblieben.

 

Bild 5: Kleines Exemplar eines fruchttragenden Exemplars eines Geweihbaums an der Schönefelder Chaussee im Kosmosviertel. Hier im Juli 2022.

 

Bild 6: Noch nicht durchgereifte Früchte an einem Geweihbaum im Monat Juli. Die bereits über 10 cm messenden Hüllen dieser Hülsenfrüchte sind hier noch grünlich bis violettrot. Die inneren Kammerungen, in welchen die Samen heranreifen, scheinen bis nach Außen hin durch. Gleichzeitig ist hier gut das fiederblättrige Laub zu sehen. Die Aufnahme entstand an einem Baum an der Schönefelder Chaussee im Kosmosviertel, Juli 2022.

 

Bild 7: An den Enden von Verzweigungen der Rispen hängen die bis zu 15 cm langen, breiten und zweiseitig abgeflachten Hülsen der reifenden Früchte des Geweihbaums. Im Juli sind diese schon z voller Größe herangewachsen, jedoch noch grün. Hier an einem Exemplar an der Schönefelder Chaussee im Kosmosviertel, Juli 2022.

 

Bild 8: Kronenausschnitt mit sichtbar werdenden, hängenden Hülsenfrüchten. Hier an einem Baum an der Schönefelder Chaussee im Juli 2022.

 

verfasst und mit Fotos versehen von

Detlef Kirstein, Projekt „Natur im Kosmosviertel“