Baum-Vorstellung
heute: Die Edel-Kastanie
Die Edel-Kastanie oder auch Esskastanie (Castanea sativa) hat ihr historisches Verbreitungsgebiet im südlichen Europa, angefangen von Spanien über Frankreich und Italien bis in die Türkei und das Kaukasusgebiet. In Deutschland war sie bisher nur in wärmeren Regionen anzutreffen, so auch als Forstbaum im Oberrheingebiet, an der Mosel und an der Saar. Wegen der in ihnen stattfindenden fachmännischen Pflege sind sie als sehenswerte Bestandteile vieler botanischer Gärten- und Anlagen zu bewundern. Aber auch in städtischen Parks und großen Gärten sind sie als Florenelement zu finden. In Marzahn-Hellersdorf konnte vom Autor auch ein Straßenbaum entdeckt werden (Bild 1). In der Nähe, so am Blumberger Damm, stehen noch einige ähnlich große Exemplare, jedoch als Privatpflanzungen.
Die Edel-Kastanie ist mit den Eichen und mit der Rot-Buche verwandt, sogar mit der Südbuche Patagoniens. Sie alle gehören der Familie der Buchengewächse (Fagaceae) an. Aber im Gegensatz zur Buche und zu den Eichen, die mehrheitlich durch den Wind bestäubt werden, erfolgt die Bestäubung bei der Edel-Kastanie durch Insekten! Hierzu sind nektarreiche Blütenbestandteile besonders ausgebildet.
Frei stehende Bäume entwickeln oft breit ausladende, in den oberen Bereichen kugelig wirkende Kronen, wobei die Gesamtkrone säulig-konisch nach oben wächst (Bild 1). Auch Neigungen zu etagenartigen Gliederungen der Kronen, die schwach an Wuchsformen von Koniferen, z.B. aus der Gattung der Araukarien oder der Japanischen Sicheltanne, erinnern lässt, sind zu beobachten. Die zur Blütezeit sich zeigenden langen, büschelig sitzenden, jedoch sternförmig voneinander wegstrebenden männlichen Kätzchen verstärken diesen Eindruck noch etwas.
Die Laubblätter der Edelkastanie sind recht lang und im Verhältnis hierzu relativ schmal. Die Formen können insgesamt als lanzettartig angesprochen werden und sind dementsprechend nach vorn zugespitzt. Die Blattränder sind sehr auffällig gezähnt, wobei schmal zulaufende Spitzen rundlich dazwischenliegende Buchtungen einschließen (Bilder 3 und 4). Dies lässt rudimentäre Ähnlichkeiten mit den Symmetrien der Blättern von Eichen, besonders der nordamerikanischen Rot-Eiche erkennen. Bei jungen bzw. buschartig-niedrigen, vom Wildverbiss heimgesuchten Edel-Kastanien entwickeln sich scharf zulaufende Spitzen. Ebenso verbleibt, wie bei Eichen, an jungen oder buschartigen Pflanzen ein großer Teil der im Herbst braun gewordenen Blätter über den Winter hindurch an den Zweigen.
Die Edel-Kastanie ist wie die Eichen und die Rot-Buche einhäusig-getrenntgeschlechtig, d.h. beide Geschlechter sitzen in getrennten Blütenständen auf einem Baum.
Die Blütezeit wird für Bäume in Mitteleuropa mit Juni und Juli angegeben, jedoch ist zu beobachten, dass sie auch bei uns zunehmend bereits Ende Juni abgelaufen ist (Bilder 4 bis 6). Dies ist sehr wahrscheinlich der aktuellen globalen Klimaerwärmung geschuldet. Zur Blütezeit erscheinen die sehr auffälligen, langen, weißlich bis gelbgrünlich gefärbten männlichen Blütenkätzchen. Diese stehen zu mehreren aufwärts auseinanderstrebend, wobei die Längen dieser Kätzchen 15 cm übersteigen können. Insgesamt stehen sie in so großer Zahl an den äußeren Zweigbereichen von Ästen, dass der Baum wie von Schmuck bedeckt wirkt (Bilder 1 und 2). Dies gibt den Bäumen zur Blütezeit ein besonders dekoratives Erscheinungsbild. Die Einzelblüten der männlichen Kätzchen besitzen eine gelbgrüne Hülle und bis zu 12 weiße Staubblätter, die mit Nektardrüsen ausgestattet sind und unangenehm fischig riechen. Die im Verhältnis zu den männlichen Blütenständen sehr kleinen weiblichen Blütenstände befinden sich an der Basis der männlichen Kätzchen (Bild 4). Sie sind zur Blüte zunächst ähnlich unscheinbar wie bei den Eichen und Buchen, stehen ebenso aufrecht, wobei 3 leicht rötliche Einzelblüten von einem Fruchtbecher (Cupula) umgeben werden. Fruchtbecher sind auch bei der Rot-Buche vorhanden, bei ihr jedoch haarig-filzig ausgebildet.
Nach der Pollenabgabe und der Bestäubung der weiblichen Blüten vertrocknen die männlichen Kätzchen, wobei sie noch für eine gewisse Zeit am Baum verbleiben und hellbräunlich wirken (Bilder 3 und 4). Die weiblichen Fruchtknoten entwickeln sich allmählich zu den reifenden Früchten, wobei zunächst grüne kugelige Formen auffallen, die mit einer Spitze versehen sind (Bild 4). Innerhalb dieser zunächst grünen und zunehmend stacheliger werdenden Fruchtbecher (Cupula) entwickeln sich bis in den Herbst die als Maronen bezeichneten Nussfrüchte. In jedem Fruchtbecher reifen drei Maronen heran, die im Herbst eine rotbraune und gestreifte Schale aufweisen. Zur Nuss- bzw. Samenfreigabe öffnet sich eine dann braun-verholzte, dicht mit langen scharfen Stacheln besetzte Cupula vierklappig (Bilder 7 bis 10).
Die Edel-oder Esskastanie ist eine schon lange genutzte Kulturpflanze. Es wird angenommen, dass die Römer mit dazu beitrugen, die Edel-Kastanie auch nördlich und nordwestlich der Alpen anzusiedeln, so in Gallien. Die reifen Früchte (Esskastanien, Maronen) werden zur Zubereitung verschiedener delikater Gerichte verwendet.
Früchte
In jedem Fruchtbecher reifen in der Regel drei Maronen heran, die im Herbst eine rotbraune und gestreifte Schale aufweisen. Es treten auch Becher auf, die nur eine oder zwei Maronen enthalten. Die Außenseiten der Fruchtbecher sind dicht mit langen, scharfen Stacheln überseht, was ihnen ein seeigelartiges Aussehen verleiht (Bilder 7 bis10). Die Maronen besitzen eine dunkelbraune, gestreifte Schale. Sie sind selbst einseitig abgeflacht und weisen eine den Früchten der Rosskastanie ähnelnde weißliche Narbe auf (Bild 8). Zur Nuss- bzw. Samenfreigabe öffnet sich eine dann braun-verholzte Cupula vierklappig (Bild 10). Die Fruchtreife ist Ende September und im Oktober. Eichhörnchen und Nager, teils auch Vögel wie der Eichelhäher, der sie dann vergräbt, sorgen für die Verbreitung.
verfasst und mit Fotos versehen von
Detlef Kirstein, Projektleiter „Natur im Kosmosviertel“